Anthropozändichtung

Gedichte von Ronja Lobner / Sammy (16), Theresa Bolte (17), Pauline Weigel (17), Lotti Spieler (15) & Rosa Engelhardt (18) zur heißen, dichten Gegenwart des Anthropozäns.

Lotti Spieler

 
1

siehst du
das anthropozän
wie es 
        selektiert
Bjsnfdks nKNDKs CJkienujsnak XJSmsjaksnsjihfjjnc fuck you fuck you fuck you fuck you fuck you fuck you fuck you fuck you fuck you  
es breitet aus.

2

Die Luft drückt hier
                dick von oben & 
es ist wiedersprüchlich kalt
die Gurgel unseres Hahnes zittert
beim Krächzen kommt es jetzt auch
                rot aus seinem Schnabel.
Opa hat sich an den Stuhl gebunden,
damit es ihn nicht wegreißt.
Er vermacht uns seinen Stock
                aus echtem Holz ist der
wir werden mit ihm Feuer machen.
Er sagt, 
wir könnten Geld damit verdienen
aber auch das würde irgendwann zu
                Brennmaterial 
                werden  

3

Liebe*r Juli,
Gestern habe ich eine Kuh gesehen.
Auf dem Beton
Hinter der Fabrik.
Sie war groß und schön,
ihre Haut,
war eine dieser Anschmieghäute,
in denen man sich verliert,
wenn man sie zu lange berührt.
Ein Raabe pickte in ihrem Auge
und ihr Ohr flatterte im Feinstaub
ich glaube,
sie war noch nicht lange tot. 

Ronja Lobner / Sammy – I am sorry

I am sorry

In Plastik geschmorrte Wortfetzen
Fische die in Plastik vernetzt bleiben
In mir Plastik
Plastik in mir
Plastik in mir in Plastik
                           I am sorry

Mochte dich
Mochte Fastfood lieber
Mochte mich
Nicht mehr
                          I am sorry

Pls change here
Traveller to Schönefeld Airport
Pls change here
Los ziehen
Wollte nur losziehen
Wegziehen
Vielleicht nur eine Line
                         I am sorry

Ich muss die Verschlusskappe behalten
Der Wassergehalt von 0,03%
Und die Wattestäbchen
Und die Schuhsohlen
Und die Plektrumkette
Und das Kaugummipapier
Und die Kronkorken
Und den Aschenbecher
Und die Lederhandtasche
Und die Zigarettenstummel
Und die Gitarrensaiten
Und das Kapital auch
                          I am sorry

Kinderhände sind doch schön
Ich schätze das was Kinder machen
Auf meiner Haut liegend
                          I am sorry

     Bin. Nicht. schuldig.

Theresa Bolte

Ein Schraubverschluss im Meer
die Wellen, die reiben
die Algen, die treiben
die Fische, die sich umdrehen und gehen

Pauline Weigel

Hände kratzen

die

schleimige Schicht aus Plastiktaschen

zur Seite.

Glas, Panzerglas, Augen

rot unterlaufen,

Blick gen den aufgerissenen Betonfassaden.

Blutleer,

man hat das Blut aufgesaugt

Vampire mit Zähnen und Ringen aus Gold.

Der Tod ist kalt, sagt man

aber das Frostschutzmittel,

das durch die Adern rinnt, ist kälter.

Wind trägt den Staub zermahlener Bürofenster.

Doch

die Augen tränen nicht, haben sie niemals

nicht als die süßen Koala ausstarben,

nicht heute –

Tränen aus Frostschutzmittel will eh keiner sehen.

Die Eisbären hat man auf Plastikkontinente umgesiedelt,

die Stirn furcht die Frage, ob der Herd angeblieben ist

aber Smarthome

come on,

das wird sich schon kümmern.

Der Mund lächelt nicht.

Geld macht nicht glücklich,

kein Geld auch nicht,

aber der Edelstahlkasten hat viel gekostet.

Vor den ausgebrannten Fenstern

verklebt Ruß ausgebrannter Filialen

die fettigen Haare ausgebrannter Menschen,

spielen Bürgerkrieg, fürchten den Tod –

während die eisigen Augenpaare in metallenen Särgen ruhig schlafen.

Sie wollten ewig leben, die Welt auch

vielleicht hat ein Mensch, vielleicht auch nur der Wind den Stecker gezogen.


Rosa Engelhardt – eis:zeit

eine teichmembran, so dünn, du weißt nicht ob sie hält oder zerplatzt
sobald du einen fuß darauf setzt
du bist gerne auf wasser gelaufen
mochtest das schweben über den fischen die irgendwo unter dir in
winterstarre waren
am liebsten legtest du dich hin, auf ellbogen gestützt und sahest hinab,
suchtest im wasser schemen des lebendigen
das wasser war kalt
ich hatte immer angst du würdest festfrieren
dein anorak war vorne immer abgeschabt am ende des winters
man sah stets das futter
das heute motten fressen alljahreszeitlich
eine teichmembran, so dünn, du weißt nicht ob-
du siehst die wellen daran lecken
genauso wie du an der schokohülle leckst und das eis innen immer mehr schmilzt
deine zunge wird nie festfrieren daran
eine teichmembran, du weißt-
du setzt einen fuß darauf, du läufst gerne auf wasser
unter deinem schuh für eine sekunde hellbäuchiges
schweben
das wasser ist warm
während du einsinkst
ich hatte immer angst du würdest ertrinken

Ein Kommentar zu „Anthropozändichtung

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